Kartoffeltysker


20050225_kartoffeltysker00.gifKennt jemand die "Kartoffeltysker"? Kartoffeldeutsche?! Nein? Aber gleich! Denn ein bischen dänische Geschichte kann ja zwischendurch nichts schaden!

Vorallem dann nicht, wenn auch noch deutsche Staatsbürger eine wesentliche Rolle spielen und die Veränderung einer ganzen Region mitbestimmt haben. Und wenn dazu Gott sei Dank einmal nicht eines der unrühmlichen Kapitel der dänisch-deutschen Beziehungen, wie in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts, durchleuchtet wird. Unser Mitglied Muddern hat sich zum Thema "Kartoffeltysker" tiefer informiert und uns folgenden geschichtlichen Abriss präsentiert. Viel Spaß beim Lesen, Wundern und - wer noch nie etwas von den "Kartoffeltyskern" gehört hat - Lernen!

Artikel: Muddern

20050225_kartoffeltysker01.jpgWenn wir (von Hamburg kommend auf der A7) nach Vorupør fahren, bleiben wir auf der Autobahn bis zur Abfahrt Hornstrup (eine nach Vejle Nord), fahren dann auf der Landstraße 13 Richtung Viborg bis Thorning und dann leicht rechts ab über die Brücke nach links auf die Straße 186 Richtung Skive. Und da geht es dann gleich mit der Historie los:

Man fährt durch die kleinen Orte Havredal, Frederiks, Grønhøj und befindet sich mitten im Siedlungsgebiet der ehemaligen "Kartoffeltysker". Dort gab es noch bis Mitte des 18. Jahrhunderts nur ödes, unfruchtbares Heidegebiet, die Alhede. Damals wurden in Südwestdeutschland auf Veranlassung des dänischen Königs Frederik V. die Landbevölkerung aufgefordert, zur Besiedelung in die dänische Heide zu kommen. Es wurden ihnen viele Versprechungen gemacht, z.B. kostenloses Land und Steuerbefreiung für mehrere Generationen. Dies klang sehr verlockend und viele arme und auch abenteuerlustige Familien folgten diesem Aufruf ohne zu wissen, was sie erwartete.

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Bei der Ankunft in Jütland gab es große Probleme, sowohl bei den Deutschen als auch bei der einheimischen Bevölkerung. Die war nämlich absolut nicht auf die deutschen Aussiedler vorbereitet worden. Selbst in der Regel arm, wollten sie nicht akzeptieren, daß die Deutschen steuerliche Vorteile erhielten. Hinzu kamen Sprachschwierigkeiten und wenig Verständnis für die Sitten und Gebräuche der Neuankömmlinge. Die wiederum waren entsetzt über die karge Landschaft und den so schwierig zu bearbeitenden Heideboden. Das war ihnen so nicht bewußt gemacht worden, bevor sie ihre Heimat verließen, um ein neues Leben auf zu bauen. Es gibt eine Geschichte, die davon erzählt, daß  sie sich oft auf einem Hügel ( "Grønhøj" = Grüner Hügel ) trafen, um dort weinend ihr trauriges Los zu beklagen. Einige Familien gingen auch wieder zurück nach Deutschland aber viele blieben und haben das Land bearbeitet und versucht, es fruchtbar zu machen. Zunächst hatten sie es mit Getreide ( "Havredal" = Hafertal ) versucht, aber der Erfolg war nur mäßig. Sie hatten aber für ihren eigenen Bedarf Kartoffeln mitgebracht, die dort gut gediehen. Kartoffeln waren zu diesem Zeitpunkt in Dänemark weitestgehend unbekannt, obwohl es einen Hinweis gibt, dass es um 1720 in Fredericia schon Kartoffeln gegeben haben soll.

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Der Erfolg der Kartoffelernte gab den Siedlern Zuversicht. Sie verkauften sie auf dem Markt in Viborg und so lernte auch dort die Bevölkerung die tolle Knolle kennen.
20050225_kartoffeltysker05.gifDie deutschen Kolonisten waren dem dänischen König direkt unterstellt und bekamen nach einiger Zeit auch Bauernhöfe gebaut, was von den Einheimischen nicht gerade freudig begrüßt wurde. So blieben die Deutschen zunächst einmal nur unter sich, heirateten untereinander und hatten auch eigene deutsche Schulen und eine eigene Kirche. Aber nach und nach vermischte sich die Bevölkerung doch und die deutschen Schulen wurden geschlossen, damit die Integration schneller voranschreiten sollte. Aber in der Kirche zwischen Frederiks und Grønhøj wurden noch bis zum Jahre 1870 deutsche Gottesdienste gehalten. Und diese Kirche gibt es heute immer noch. Ein Besuch des Friedhofs, der direkt an der Straße liegt, ist sehr interessant. Man findet an sehr vielen Grabsteinen noch die alten deutschen Namen. Ein Gedenkstein erinnert an die "Kartoffeltysker" mit der Inschrift: "Fra fremmed land de kom - og Danmarks sönner blev" = "Aus fremdem Land sind sie gekommen - und Dänemarks Söhne geworden."

20050225_kartoffeltysker07.jpgSo, und wenn Ihr jetzt noch Lust auf mehr Historie habt und Vorupør Euch nicht gerade wie ein Gummiband anzieht, könntet Ihr noch einen Abstecher in den "Kongenshus Mindepark" machen, der links der Straße kurz hinter Grønhøj liegt. In diesem Naturschutzgebiet ist ein sehr schöner "Erinnerungsweg" eingerichtet, wo man auf vielen Gedenksteinen namentlich an die vielen Siedler erinnert, die die dänische Heide urbar gemacht haben. Nach den Deutschen sind nämlich noch aus vielen anderen Gebieten und Ländern Menschen deswegen hierher gekommen. Es gibt am Beginn des Weges einen Parkplatz mit einen Erfrischungsbude, von der ich allerdings nicht weiß, ob sie immer geöffnet hat.

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Übrigens ist diese Strecke quer durchs Land landschaftlich besonders reizvoll und, zumindest ab Thorning, wenig befahren und führt von Thorning bis Stenbjerg sozusagen immer geradeaus. Und wer als erster die Kirche von Stenbjerg sieht, hat gewonnen und bekommt abends an der Mole einen ausgegeben!!!

Freitag 25 Februar 2005 19:50:30 von Admin

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