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Fußball international
Datum: Donnerstag 01 September 2005 15:00:00
Thema: Dänemark


Dänische Liebe zu einem deutschen Fußballclub: In seiner Ausgabe vom 25.07.2005 berichtet die dänische Zeitung Politiken in einem Special über das Ansehen des FC St. Pauli in Dänemark.



 In dem Artikel geht es um die Liebe eines Kopenhagener Fußballfans zum Hamburger Stadtteilclub:

Teil 1:
Die Stadt ist braun und weiss

 
Die Spieler von St. Pauli haben nicht immer Glück beim Spiel. Ganz anders ist es, wenn es sich um Liebe handelt. Davon bekommen sie bedingungslos und in reichlicher Menge von ihren Fans. Che Guevara und Pirat Klaus Størtebeker sind beim Fußball in Hamburg dabei. Auf einem meterhohen Banner weht der kubanische Freiheitskämpfer im Wind, während sein Besitzer - ein Typ im schwarzen T-Shirt und mit Irokesenschnitt - ihn von einer Seite zur anderen schwingt.
"Totenkopf" Klaus kuckt mittels eines Projektors aus einer Ecke des Stadions. Wir sind zum Fußball beim FC St. Pauli.

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Fußball mit Schwarzgekleideten, Punks, langhaarigen Hippies und Männern mit Designerjacke und Schlips. Und mit Frauen, die teilweise nicht den mindesten Fußballverstand haben: "Bist du verrückt, ich hasse Fußball, ich liebe nur St. Pauli", sagt Christina Beuhausen, die schon im 3. Jahr eine Dauerkarte hat und nur ein Spiel versäumt, wenn sie krank ist. Während sie noch voller Wärme vom Leben ihres Fußballclubs spricht, läuten plötzlich laute Kirchenglocken aus den Lautsprechern. Das ist immer so, wenn St. Pauli zu Hause spielt und kündigt das baldige Erscheinen der Spieler an. Die Zuschauer klatschen im Takt und schauen erwartungsvoll auf den Eingang, wo startklar die Mannschaft steht.
Wenn das Glockenspiel abgelöst wird durch harte Gitarrenklänge von AC/DC' s "Hells Bells" - St. Pauli's Einlaufmelodie - und die weiß- und braungekleideten Spieler aufs Feld laufen, explodiert die Fangemeinde mit einem extatischen Jubelruf. "Es geht hier nicht bloß um Fußball, es geht um Liebe zu den Spielern. Wir lieben sie, egal wie sie spielen. Sie brauchen das, denn sie stehen am Ende der Liga", schreit Christina Beuhausen in dem verzweifelten Versuch, die 2.513 Fans zu übertönen, die gekommen sind, um ihre Mannschaft im Testspiel gegen Lokomotive Sofia zu sehen, nur eine Woche bevor die Bundesliga wieder beginnt.
Aber es ist schwer, sich Gehör zu verschaffen, wenn selbst die paar erschienenen Sportjournalisten die Schlachtgesänge mitsingen.
Als St. Paulis Torhüter einen Ball hält, laufen die hartgesottene Fankurve und die übrigen Zuschauer Amok in einem kollektiven Jubelruf. Che weht noch einmal zum Schlachtgesang: "Hamburg ist braun und weiss" mit der Liebeserklärung: Magischer FC, unser ganzes Leben, all unsere Kraft. Es gibt nichts, was uns in die Knie zwingen kann.

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Einer von denen, die am lautesten brüllen steht im harten Kern von verschworenen und verliebten St. Pauli-Fans. "Fußball ist nicht das Wichtigste. Es ist all das, was nebenbei passiert. Das sind die Lieder, die Freunde, die Werte - und die Biere", berichtet der 25 jährige Henning Heide mit einer Stimme, die geprägt ist vom 45 minütigem Schreien der Lieder und vom intensiven Hopfengenuss. "Du musst mich nicht nach dem Spiel fragen, ich habe nicht soviel davon gesehen. Ich hatte genug mit dem Singen zu tun", sagt Henning. Seit er in der Lage war, auf dem Schoß seines Vaters zu sitzen, gehört er zum Inventar der Tribüne am Millerntor. Und zu diversen Stadien überall in Deutschland. "Ich bin immer dabei, wenn die Jungs spielen, das muss schon sein"!
Mehr Unerhaltung war nicht drin, denn Henning muss seine Stimme für die 2. Halbzeit schonen. Sollte das Undenkbare geschehen, dass dieser eingefleischte Fan nicht mehr fit genug ist, um zum Spiel zu kommen, steht schon die nächste Generation bereit:
In der allerlautesten Ecke schläft ein paar Monate altes Baby mit einem schwarzen Piratentuch um den Kopf!
Und das Spiel?? Das endete 0:0.

Teil 2:
Wenn die Jeansweste zum Fußball fährt
 
Der Kopenhagener Troels Fløe ist sein so eingefleischter St. Pauli-Fan, dass er einen dänischen Fanclub gegründet hat. Mit seiner Jeansweste fährt er mehrmals im Jahr über die Grenze zu seinen Idolen.
Wie ist es möglich, dass in Däne 6 x im Jahr eine Jeansweste mit aufgenähten braunen und weissen Streifen anzieht, um danach ein paar deutsche Fußballspieler der 3. Liga in einem maroden Hamburger Fußballstadion anzufeuern?
"Weil es Spaß macht, zu denen zu halten, die anders sind als andere. Weil, wenn sie gewinnen, es so ist, als wenn Ølstykke den FC Kopenhagen schlägt", meint der Besitzer der Weste, Troels Fløe. Der 36jährige Kopenhagener liebt St. Pauli. Er ist tatsächlich so vernarrt in den Club, dass er mit ein paar Freunden einen dänischen St. Pauli-Fanclub gegründet hat. "Brune Stjerne" (Braune Sterne) heißt der (www.brune-stjerne.dk). Und ganz im Sinne der politischen Überzeugung des Mutterclubs wurde das dänische Pendant am 1. Mai gegründet. Und zwar im Faelledparken, einem großen bekannten Park im Herzen Kopenhagens. "Dort hingen wir rum. Und im Jahre 1997, wir hatten ein paar Bier getrunken, kam das Gespräch auf St. Pauli. Wir teilen die politischen Ansichten des Clubs und da konnten wir doch auch gleich einen Fanclub gründen."
Gegen Ende der 80iger Jahre begann St. Pauli nämlich, entgegen allen Erwartungen, in die Bundesliga aufzusteigen. Plötzlich war ein Hamburger Arbeiterviertel in der Bundesliga vertreten und spielte gegen so traditionsreiche Clubs wie Bayern München, Werder Bremen und Dortmund. Ja, einige Male gewannen sie sogar gegen die großen Clubs. Und sie gewannen auch das Herz von Troels Fløe.
"Um 2001 in die erste Liga aufzusteigen, musste der Club am letzten Spieltag in Nürnberg gewinnen. Die waren bereits aufgestiegen. St. Pauli gewann 2:1! Zusammen mit vielen anderen Fans nahmen wir einen Sonderzug von Hamburg nach Nürnberg und zurück und feierten die ganze Nacht, dass St. Pauli 11 Minuten vor dem Ende das Siegtor schoss und gewonnen hatte, und wir feierten im Zug bis nach Hause", sagt Troels und unterstreicht, dass, obwohl Bier, Pop- und Rockmusik dabei waren, der Fußball das Wichtigste ist.
"Es ist schon etwas verwunderlich, dass sie jetzt in der 3. Liga spielen. Es war schöner, als die Gegner Bayern München hießen. Aber ich kann es nicht lassen, den Club zu begleiten," sagt er.
Und deshalb wird Troels Fløe im August wieder seine Jeansjacke anziehen, denn es geht wieder los mit der Bundesliga.
"Die Weste habe ich von einem älteren St. Pauli-Fan bekommen, der seit den 80iger Jahren Clubfan ist. Da sind überall St. Pauli-Abzeichen drauf und auf dem Rücken das Wahrzeichen des Clubs. Davon kann ich mich einfach nicht trennen!"

Quelle: 'Politiken' (25.07.2005)
Übersetzung: Muddern

Und für alle Bremer und Bielefelder hier: Falls in DK mal eine Zeitung was über Eure Clubs bringt, lassen wir mit uns reden ;)







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